© Bischöfliches Archiv Chur - Hof 19 - CH 7000 Chur
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Curia/Chur: Sitz des rechtsrheinisch gelegenen ältesten
Bistums nördlich der Alpen
Archäologische Zeugnisse deuten klar darauf hin, dass Chur - einst
römischer Verwaltungssitz des Gebietes der “Raetia prima” - bereits zu
Beginn des 5. Jahrhunderts Bischofssitz war. Das älteste Zeugnis über
einen Churer Bischof geht auf das Jahr 451 zurück. Die Akten der
Mailänder Provinzialsynode von 451 unterzeichnet der Comer Bischof
Abundantius auch im Namen seines abwesenden Churer Amtsbruders
Asinio. Die geleistete Unterschrift verdeutlicht in Entsprechung zur zivilen
Verwaltungsstruktur enge kirchliche Beziehungen zwischen Chur und
Mailand und legt den Schluss nahe, dass Chur damals zum kirchlichen
Metropolitansitz Mailand gehörte. Erst im Zuge der Reichsteilung (Vertrag
von Verdun 843) und der Eingliederung Churrätiens in das ostfränkische
Reich kam es auch zur kirchlichen Neuausrichtung des Bistums Chur. Die
rätische Diözese gehörte neu bis 1803 zur Kirchenprovinz Mainz. Heute ist
Chur wie die anderen fünf Schweizer Bistümer immediat, d.h. sie gehören
keiner Kirchenprovinz an, sondern sind direkt Rom unterstellt.
Zirkumskription des Bistums Chur
Das heutige Churer Diözesangebiet umfasst im eigentlichen Sinn lediglich
die Kantone Graubünden, Schwyz und das Hochtal Ursern. Als
Administrationsgebiete des ehemaligen Bistums Konstanz (untergegangen
1821/27) kommen seit 1819 im Zuge der Abtrennung der “Schweizer
Quart” (1816) von Konstanz die Kantone Uri, Ob- und Nidwalden, Glarus
und Zürich dazu - insgesamt eine Fläche von 12’272 Quadratkilometern.
Die Gesamtbevölkerung kann ungefähr mit 1’770’000 angegeben werden,
davon sind 686’660 Katholiken. Gemäss der Statistik für 2013 betreuen die
308 Pfarreien im Bistum 351 Welt- und 239 Ordenspriester; diese werden
aktiv unterstützt durch 52 Ständige Diakone, Gemeineleiter/Innen,
vollamtliche Pastoralassisten/Innen und und Katechen/Innen mit
bischöflicher Missio. Der kirchliche Sprengel ist in drei Bistumsregionen
(mit je einem regionalen Generalvikar) unterteilt: Graubünden (mit 6
Dekanaten), Urschweiz (mit 5 Dekanaten) und Zürich-Glarus (mit 5
Dekanaten).
“Kein waches Auge eines Archivars war für die Erhaltung und
Ordnung des wertvollen Archiv-Materials besorgt ...” -
Aus der Geschichte des Bischöflichen Archivs Chur
Als der am 10. Januar 1877 zum Nachfolger des im Oktober 1876
resignierten Bischof Nikolaus Franz Florentini vom Domkapitel gewählte
Churer Weihbischof P. Kaspar Willi OSB (1868-1877) mit päpstlicher
Konfirmation am 12. März 1877 sein neues Amt als Churer Ordinarius
antrat (1877-1879) und alsbald den Hummelbergischen Benefiziaten am
Churer Dom, Christian Modest Tuor, zum ersten bischöflichen Archivar
berief (1877-1893), hatte dies eine wichtige wie brisante Vorgeschichte.
Der vom Regensburger Reichsdeputationshauptschluss 1803 angebahnte
und alsbald durchgeführte Umsturz der Bistumsverhältnisse im Reich zog
auch die geistlichen Archive aufs schwerste in Mitleidenschaft. Diverse
Bestände aus dem Churer Bistumsarchiv wechselten ihren Besitzer: 1829
gelangte eine erste Lieferung von Akten und Urkunden betreffs der
früheren österreichischen Anteile des Bistums (Dekanat Vinschgau) nach
Innsbruck. 1844 extrahierte Chur vier weitere Kisten mit Pfarreiakten aus
Vorarlberg und Tirol mit Lieferziel Feldkirch; von dort sind diese Akten zum
Teil in chaotischer wie unsachgemässer Art und Weise weiter verteilt
worden; einiges gelangte nach Trient, später nach Brixen. 1848 kamen die
Bestände zu den Pfarreien im Gaster und Sarganserland nach St. Gallen.
Bei jedem Aktentransfer wurde weder ein genaues Ausgangsprotokoll mit
entsprechend exaktem Verzeichnis angefertigt, noch erfolgte eine saubere
Übernahmebescheinigung seitens der neuen Amtsstelle, was zu einer
heillosen (bis heute bestehenden) Unübersichtlichkeit im Verbleib von
Churer Archivalien führte. Zu diesem Malum hinzu kam der Umstand einer
willkürlichen wie rechtswidrigen Veräusserung zahlreicher mittelalterlichen
Urkunden und Akten durch den bischöflichen Verwalter Paul Foffa, der
unter seinem Verwandten Bischof Florentini nach Chur geholt wurde und
daselbst sein Unwesen trieb, bis er auf Druck des Domkapitels und
schliesslich auf Weisung des Nuntius entlassen werden musste.
Zuwachs erhielt der Churer Aktenbestand im November 1845 durch Akten
aus der Schweizer Quart des ehemaligen Bistums Konstanz (Uri, Schwyz,
Ob- und Nidwalden, Glarus, Appenzell, Zürich und Schaffhausen). 1864
schliesslich gelang die Rückführung eines Restbestandes des vom Churer
Bischof Johann VI. Flugi von Aspermont (1636-1661) auf Schloss
Knillenberg in Obermais bei Meran angelegten sog. “Chur-Tirol-Archiv”
[CTA].
Nach einer Forderung des einflussreichen Juristen und Politikers Peter
Conradin von Planta (1815-1902) im Jahre 1868/70 an die Bündner
Regierung zur Übernahme der geschichtlich wertvollen bischöflichen
Bestände an das Staatsarchiv Graubünden, welcher die Diözesanleitung
weder entsprechen wollte noch konnte, drängte sich eine gesamte
Neuordnung der am Bistumssitz lagernden Archivalien auf. Der unter
Bischof Willi erfolgte Auftrag an Tuor erfüllte jener, obwohl er kein
geschulter Historiker war, alsbald mit grosser Leidenschaft und Sorgfalt.
Nach erhaltener Anleitungshilfe im Klosterarchiv Einsiedeln ordnete und
registrierte Tuor den Churer Bestand binnen zehn Jahren - ohne Hilfe
brauchbarer Repertorien - in drei Folio-Bänden, welche bis 2004 [!], als
“Urkundenregister des Hochstifts Chur” [URHC] bezeichnet (BAC, 001-
003), einziges Findmittel geblieben sind. In dem am 19. März 1888
verfassten Vorwort zum ersten Band, worin u.a. pergamentene und
papierne Urkunden fein säuberlich in chronologischer Abfolge mit Datum
und Kurzregest aufgenommen sind, beschreibt Tuor den 1877
angetroffenen Zustand im Archivraum des Marsoelturmes [siehe
nebenstehender Kasten].
Marsoelturm des Bischöflichen Schlosses:
Ein “geschichtsträchtiger” Ort
Der im Nordosten stehende Marsoelturm aus dem 13. Jahrhundert ist der
älteste Teil der Bischöflichen Residenz auf dem Hof in Chur. In seinen bis
zu vier Meter dicken Mauern befindet sich nicht nur die schmucke
Privatkapelle der Churer Bischöfe, sondern auch das Historische Archiv mit
den mittelalterlichen Urkunden und Dokumenten (aus dem 8. Jahrhundert
bis 1816). Zwischen 2005 und 2007 ist dieses Archiv zusammen mit
angrenzenden Räumen (ehemaliger Rossstall und frühere Remise) saniert
worden. In der linken Spalte und im unten stehenden Button “Umbau”
finden Sie einige Impressionen (vor und nach der Sanierung). Im Zuge der
kompleten Neugestaltung des Raumes, den schon Tuor 1877 in
erbärmlichem Zustand angetroffen hatte, konnte nicht nur die Existenz und
der Ort des bis ins 18. Jahrhundert hinein bestehenden bischöflichen
Verlieses nachgewiesen, sondern daselbst auch interessante
Wandzeichnungen freigelegt werden, welche die eher dunklen Seiten rund
um dieses Gefängnis durch ihre Reichhaltigkeit bereichern. Doch lesen
und staunen Sie selbst ...
Der Steinbock -
Alpentier im
Bistumswappen
Das Wappen des
Bistums Chur ist
nachweislich seit dem
13. Jahrhundert der
aufrechte, nach links
springende schwarze
Steinbock auf silbernem
Grund. Das Wappen
wurde später auch vom
Gotteshausbund, dessen
Haupt bis zur
Reformation der Churer
Bischof war, über-
nommen und fand im
19. Jahrhundert so
Eingang in das Wappen
des Kantons
Graubünden.
Archiv im Marsoelturm
1877 - nach der
Beschreibung des ersten
Archivars Christian
Modest Tuor:
“In dem ohnehin sehr
unpractisch einge-
richteten Lokal lagen
die Urkunden und
Schriftstücke bunt
durcheinander, theils in
morschen Truhen, theils
in Salzfässern, theils auf
Tischen aufgehäuft.
Mäuse und Ratten
hatten darin ihre Nester
und trieben daselbst ihr
Unwesen. Kein
wachendes Auge eines
Archivars war für die
Erhaltung und Ordnung
des wertvollen Archiv-
Materials besorgt, keine
Regesten fanden sich
vor. Jedermann hatte
ohne Controlle freien
Zutritt zum Archive und
konnte darin nach
Belieben schalten und
walten. Kein Wunder,
wenn unter solchen
Umständen manches der
Zerstörung anheimfiel,
manches in fremden
Besitz gelangte.”
Liste der Archivare
seit dem 19. Jahr-
hundert
1877-1893
Christian Modest Tuor
1894-1898
Fridolin Josef Noser
1898-1907
Pietro Bondolfi
1908-1921
Luzius Anton Simeon
1921-1953
Jakob Anton Battaglia
1954-2004
Bruno Hübscher
seit 2004
Albert Fischer